Redebeitrag auf dem Rheinmetall Entwaffnen Camp

Liebe Freund_innen, Genossinnen, 

wir möchten uns ganz vielem, was in den letzten Stunden gesagt wurde, anschließen und danken unseren Vorredner*innen. 

Wir spüren von allen Seiten, in jeder Sekunde unseres Lebens, dass wir uns bewegen müssen. Die Welt brennt und sie tut es schon so lange, an so vielen Orten. Angezündet von den Bomben in Mariupol, dem Giftgas in den Bergen Kurdistans, den Drohnen in Mexmur und den Räumpanzern in Chiapas. Die Welt steht in Brand vom Landraub für billige Schrottware, von der Vertreibung für rassistische Großmachtsphantasien und staatliche Grenzen, sie brennt von den Körpern vergewaltigter Frauen.

Krieg war nie nur das, was uns als Krieg verkauft wird. Wenn durch Kassel die Panzer aus den Werken rollen – irgendwohin wo wir sie nicht mehr sehen müssen – dann ist das die Spitze des Eisbergs. Wir müssen nicht wiederholen, was all die Freund_innen vor uns heute gesagt haben, sondern wollen die Worte einer Freundin an euch richten, die heute vielleicht bei uns wäre, wäre sie nicht in den Bergen Kurdistans von türkischen Bomben ermordet worden.

Wir befinden uns im Krieg. Das ist eine klare Sache, genauso ernst wie alltäglich. Das ist unser Leben, seitdem wir begonnen haben, nach etwas zu suchen, das wir nicht in unserer nächsten Nähe finden konnten, oder das wenigstens geglaubt haben. Und das ist aus diesem Krieg geworden: Es ist nicht leicht, heute an etwas zu glauben. Ich schätze, das ist zu einer Entschuldigung geworden – der Glaube.

Also, das heißt handeln, losgehen, etwas tun, in Bewegung sein, anstatt darauf zu warten, dass etwas vorbeikommt, das unsere idealistischen Ansprüche schon in jeder Hinsicht erfüllt, oder aber daran verzweifeln, dass dem nicht so ist, gar nicht so sein kann. Schon an dieser Stelle liegt ein Fehler vor. Denn der Punkt ist, dass unser Vorhaben unmöglich sein muss. Das Schlimmste ist, dass wir verlernt haben, den Weg zu gehen, den wir eigentlich für richtig halten. Wir lassen unsere Reflexe, unserer Rebellion zu folgen, absterben, weil wir zu sehr damit beschäftigt sind, das Ergebnis eines potentiellen Kampfes zu berechnen. Wir machen uns sogar glauben, dass wir damit unseren Handlungen einen Wert geben.

Dabei aber entgeht uns die ehrliche Erfahrung eines Widerstandes der aus sich selbst Kraft schöpft. Ein Wert entsteht immer im Kampf.

Wir räumen uns zu sehr das Recht ein zu scheitern. An den Umständen, an uns selbst. Wir gefallen uns sogar in unseren Unfähigkeiten. Wir haben es so gelernt, um uns überhaupt noch lieben zu können. Für andere nennen wir es Verständnis oder Mitgefühl. In Wirklichkeit nehmen wir uns damit selbst die Kraft zu irgend einem erfolgreichen Kampf. Wir berauben uns selbst unserer Radikalität.

Gegen uns wird Krieg geführt und das ist eine alltägliche Tatsache. Natürlich tritt er in verschiedenen Formen auf. Das war schon immer so. Wie wir wissen, ist Gewalt ein beliebtes Mittel, das auch viele verschiedene Formen annimmt. Es sorgt dafür, dass der Wille zur Veränderung gar nicht erst entsteht. Das funktioniert tatsächlich sehr gut. Also wie viele von uns können tatsächlich behaupten, etwas aufs Spiel zu setzen, zu opfern bereit zu sein?

Wenn wir gewinnen, ist das ein Sieg über eine große Depression. Zu Kämpfen bedeutet, gar nicht verlieren zu können, dass wir schon gewonnen haben, wenn wir wirklich zu kämpfen beginnen.

Dieser Krieg ist unser Krieg, unsere Verantwortung, unsere Entscheidung und unsere Entschlossenheit.

Warum also vergessen wir so leicht, dass wir uns im Krieg befinden?“

Es sind die Worte von Sarah Handelmann. Sie entschied sich 2017  nach Rojava zu gehen. Dorthin wo versucht wird ein System aufzubauen, dass keinen Krieg braucht. Unter täglichen Angriffen und mit tausenden Opfern. Dorthin, wo versucht wird, ein Leben aufzubauen, das endlich einen Weg aus Patriachat und Kapitalismus heraus findet. Denn sie sind der Bodensatz, aus dem all die schrecklichen Symptome entstehen, die wir sehen – wenn wir hinschauen. Mit den kurdischen Freund_innen – wie mit so vielen anderen Bewegungen weltweit – müssen wir lernen, gemeinsam zu kämpfen. Wir laden euch ein, das mit uns zusammen zu tun.

Für eine antifaschistische, feministische Zukunft!

Für das Leben!

Jin Jiyan Azadi.

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