Besuch bei einem Jineolojîseminar in Hasekê

16.12.2018

Wir sind eingeladen bei einem Seminar über Jinelojî dabei zu sein, welches zwei Frauen der Jineoljîarbeiten der Stadt Hasekê geben. Das Seminar ist für alle Frauen offen, welche in den unterschiedlichen Nachbarschaftskommunen organisiert sind. Neu ist, dass sich zunehmend mehr arabische Frauen beteiligen und deshalb ist das Seminar auch auf arabisch und kurdisch, wird uns erklärt.

Es findet bei Kongreya Star statt, der Koordinierung der Frauenarbeiten in Hasekê. Wir werden sehr herzlich von den Frauen, die bei Kongreya Star aktiv sind, empfangen. Zuerst gibt es eine Runde Tee und wir kommen ins Gespräch. Die Frauen sprechen sofort über die drohende Militärinvasion in Nordostsyrien, die Erdogan vor ein paar Tagen ankündigte. Sie äußern ihre Besorgnis und betonen, dass sie die Drohungen ernstnehmen, weil es in den letzten Monaten immer wieder in den nördlichen Grenzregionen tödliche Angriffe des türkischen Militärs auf Zivilisten gab. Unter anderem erschoss das türkische Militär Ende Oktober ein 12-jähriges Mädchen in Girê Spî (Tall Abyad). Besonders die Menschen, die in Grenznähe leben, haben Angst. Gerade verlassen einige ältere Familienmitgliedern mit ihren Kindern die Region Serêkaniyê und kommen nach Hasekê, wo sich Kongra Star darum kümmert, dass sie irgendwo unterkommen können, erzählt uns eine der Frauen. Sie betont, dass viele aber bis zum Letzten bleiben und das Land verteidigen werden: “Seit vielen Jahren ist Krieg und soviel Blut unserer Kinder ist hier in diese Erde geflossen. So viele Erinnerungen sind mit dieser Erde verbunden, wir gehen hier nicht weg.” Wichtig sei diesen Konflikt auf politischer und diplomatischer Ebene zu lösen, fährt sie fort: “Wir wollen eine friedliche Lösung, die nicht noch mehr Krieg bedeutet und eine Anerkennung unserer Rechte.”

Dafür braucht es aber mehr Unterstützung von außen. Die Frauen erklären uns ihr Verständnis von Verteidigung. Das sie sich natürlich bei Angriffen verteidigen werden, aber Verteidigung sei eben nicht nur militärisch zu verstehen, sondern bedeutet auch gesellschaftlicher Wandel und das Verbreiten von Wissen.

Warum Jineolojî? Die Frau gehört nur sich selbst (Selbstsein)

Das Seminar geht zwei Stunden. Danach verabschieden sich die Frauen schnell und beeilen sich, nachhause zu gehen, da sie das Mittagessen vorbereiten müssen. Auch wir werden von den Kongreya Star-Frauen verabschiedet, die sich bedanken, dass wir sie gerade jetzt mit den aktuellen Drohungen Erdogans besuchen. “Eine Revolution ist wie ein Kind. Es kann noch nicht von Anfang an laufen. Es fällt, steht wieder auf und lernt aus seinen Fehlern. Vorher konnten wir nicht in unserer Sprache sprechen und waren eingesperrt in unserem Haus. Wir haben schon ganz schön viel erreicht auf unserem Weg.” Auch wir bedanken uns, dass wir teilnehmen konnten und haben mit dieser Erfahrung heute wieder einmal mehr verstanden, dass diese Revolution eine Frauenrevolution ist.

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